Eissprenglehrgang unter Beteiligung des OV Reinickendorf

Auch in diesem Jahr veranstaltete die THW-Bundesschule Neuhausen in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft Bau wieder den Sonderlehrgang Eissprengen. Vom 16. bis 19. Januar 2006 trafen sich 11 Sprengberechtigte des THW, dazu Teilnehmer der Bundeswehr, der Polizei und aus der gewerblichen Wirtschaft in Jessen in Sachsen-Anhalt. Hagen Vollrath, Ausbilder Sprengen an der Bundesschule, hatte zur Unterstützung bei der praktischen Sprengarbeit den Sprengberechtigten Peter Unterspann vom OV Reinickendorf angefordert, der den Lehrgang bereits im Vorjahr absolviert hatte.

Herstellung einer Sprengladung mit elektrischem Zünder und Schlagpatrone

Da die meisten Teilnehmer bisher keine Gelegenheit zur Teilnahme an Eissprengungen hatten, fuhren sie am Vormittag des ersten Tages mit dem Bus des Länderverbandes Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt zu einem in der Nähe gelegenen Kieswerk, um dort zunächst fünf Übungssprengungen zu absolvieren, die als Voraussetzung für den Lehrgang gefordert wurden. Hierfür hatte der Ortsverband Dessau mit seiner Fachgruppe Sprengen die personellen und materiellen Voraussetzungen geschaffen. Die tiefen Temperaturen der letzten Wochen hatten zur Freude aller Beteiligten eine 15 cm dicke Eisdecke „gezaubert“, die gefahrlos betreten werden konnte. Um dennoch für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, standen zwei Dessauer Helfer in orangeroten Überlebensanzügen bereit. Ein speziell für das Arbeiten auf Eisflächen konstruiertes Boot, das auf Kufen mitgezogen werden kann, stellte einen weiteren Sicherheitsaspekt dar.

Da es sich bei den Lehrgangsteilnehmern um erfahrene Sprengberechtigte handelte, wurden die Ladungen von ihnen schnell vorbereitet und auf bzw. unter dem Eis angebracht. Nachdem die Absperrposten den Sicherheitskreis geschlossen hatten und das zweite Sprengsignal gegeben war, schoss mit einem scharfen Knall eine Säule aus Wasser und Eisbrocken in die Höhe. Anschließend klaffte ein großes kreisrundes Loch in der Eisfläche. Danach ging es zurück in das Tagungshotel, wo zunächst einmal das theoretische Rüstzeug vermittelt wurde. Auf dem Lehrplan standen die Themen Sprengstoffrecht und Gefahrgutvorschriften, Unfallverhütung und Sprengtechnik, die von Fachreferenten des Gewerbeaufsichtsamtes, der Berufsgenossenschaft und einem Sprengingenieur vermittelt wurden.

Die gemeinsam vom THW und der Bau-Berufsgenossenschaft veranstalteten Eissprenglehrgänge können inzwischen auf eine mehr als 30-jährige Tradition zurückschauen. Das Besondere daran ist, dass Sprengberechtigte des THW und solche aus anderen Behörden nebeneinander auf der „Schulbank“ sitzen. In diesem Jahr waren auch vier Vertreter der Bundeswehr und ein Entschärfer vom Landeskriminalamt Sachsen dabei, so dass auch am Feierabend noch kräftig gefachsimpelt wurde, besonders da einige sich noch von der gemeinsamen Zusammenarbeit beim Elbe-Hochwasser 2002 kannten.

Nach all der Theorie ging es dann wieder hinaus aufs Eis, um das Gelernte nun auch praktisch zu trainieren. Trotz der niedrigen Außentemperaturen wurde dem Einen oder dem Anderen dabei etwas heiß, denn die gestellten Aufgaben mussten unter den kritischen Augen des Lehrpersonals erledigt werden, da sie auch gleichzeitig als praktische Prüfung gewertet wurden.

Doch welchen Gefahrensituationen will man eigentlich mit Sprengstoff zu Leibe rücken? Immer dann, wenn nach einer längeren starken Frostperiode plötzlich Tauwetter einsetzt, können sich große Schollen lösen und flussabwärts treiben, bis sie sich an Hindernissen wie Brücken stauen und dort zu so genannten Eisversetzungen führen, durch die Bauwerke akut gefährdet werden. Oder das Tauwasser kann nicht abfließen, weil am Unterlauf des Stromes noch eine geschlossene Eisdecke besteht. Diese Situation bedeutet eine ernste Hochwassergefahr, so dass man möglichst umgehend eine Abflussmöglichkeit schaffen muss.

Besonders wirkungsvoll ist es, eine Sprengladung unter die Eisdecke zu bringen und dort elektrisch zu zünden, da die Druckwelle sich im Wasser optimal ausbreiten und so das Eis großflächig zerstören kann. Dazu sägt man zunächst mit einer Motorsäge Löcher ins Eis und lässt dann den wasserfesten Sprengstoff an einem Draht herab oder befestigt ihn am unteren Ende eines Holzkreuzes. Zuvor muss der Sprengberechtigte die korrekte Ladungsmenge an Hand der Eisstärke und anderer Faktoren ermitteln. Wie immer bei Sprengarbeiten ist auch hier große Umsicht notwendig, denn bauliche Anlagen und Anwohner dürfen nicht gefährdet werden, ebenso muss jeder Helfer auf die notwendige Eigensicherung achten, da es natürlich nicht ungefährlich ist, sich auf einer Eisfläche zu bewegen, die schon durch vorangegangene Sprengungen geschwächt worden sein kann.

Ein Fernsehteam des Mitteldeutschen Rundfunks und die örtliche Presse ließen sich von Hagen Vollrath über die Ziele des Lehrganges unterrichten und fingen natürlich auch einige spektakuläre Bilder von den Sprengungen ein.

Bleibt nur noch zu sagen, dass alle THW-Sprengberechtigten den Lehrgang bestanden haben und nun in ihrem Befähigungsschein auch die Qualifikation Eissprengen eingetragen werden kann.


Fotos: Peter Unterspann (Sprengberechtigter, THW-Ortsverband Reinickendorf)